Eine neue Herausforderung im Umgang mit Endkunden
Die Energiewende und die damit einhergehende Dezentralisierung der Energieerzeugung stellen Netzbetreiber vor immer neue Herausforderungen. Ab dem 01.01.2024 tritt eine wichtige Änderung in Kraft, die direkte Auswirkungen auf die Arbeit der Netzbetreiber hat. In Bezug auf §14a EnWG sind sie nun verpflichtet, steuerbare Verbrauchseinrichtungen der Endkunden zu dokumentieren. Dieser Beitrag beleuchtet den Stand vor dem Beschluss, die Inhalte der neuen Regelung und die Auswirkungen auf die Arbeit der Netzbetreiber.
Verpflichtungen von Netzbetreibern bis Ende 2023
Vor dem Beschluss der neuen Regelung hatten Netzbetreiber in der Regel keinen direkten Kontakt zu den Endkunden. Die steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wurden von den Kunden selbstständig angemeldet und abgemeldet. Die Netzbetreiber waren lediglich für die Bereitstellung und den Betrieb des Stromnetzes zuständig. Die genaue Dokumentation der Verbrauchseinrichtungen oblag anderen Akteuren in der Energiewirtschaft. Eine zeitweise komplette Abschaltung einer getrennt gemessenen Verbrauchseinrichtung zugunsten der Netzstabilisierung durch den Netzbetreiber war und ist durchaus üblich. Für Neuanlagen soll nun der bisher diskutierte Kompromiss des „Herunterdimmens“ bis 4,2 kW ermöglicht werden.
Neuregelung ab dem 01.01.2024
Mit der Neufassung des §14a EnWG ändert sich diese Situation ab dem 01.01.2024 grundlegend. Die Bundesnetzagentur kann bundeseinheitlich Regelungen bezüglich der netzorientierten Steuerung von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen beziehungsweise deren Integration festlegen. Demnach werden Netzbetreiber ab dem kommenden Jahr dazu verpflichtet, die steuerbaren Verbrauchseinrichtung der Endkunden zu dokumentieren. Dies betrifft sowohl die Anmeldung als auch die Abmeldung der Anlagen. Auch Veränderungen der Verbrauchseinrichtung oder ein Austausch ist nun durch den Endkunden anzuzeigen. Die Netzbetreiber müssen nun eine geeignete Infrastruktur schaffen, um die Daten der steuerbaren Verbrauchseinrichtung zu erfassen und zu verwalten.
Im Festlegungsverfahren der Bundesnetzagentur zur Integration von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und steuerbaren Netzanschlüssen nach §14a Energiewirtschaftsgesetz vom 16.06.2023 wurde durch die Beschlusskammer 6 eine Konsultation zu den wechselseitigen Dokumentationspflichten zwischen Strom-Verteilnetzbetreiber und Betreibern einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung angestoßen. Die bis zum 27.07.2023 laufende Konsultation sieht ab dem 01.01.2024 u.a. folgende Dokumentationspflichten vor:
Strom-Verteilnetzbetreiber
- 7.1. Der Netzbetreiber dokumentiert für einen sachkundigen Dritten
nachvollziehbar mindestens: a. die Anzahl der jeweiligen pro Netzbereich
vorhandenen steuerbaren Verbrauchseinrichtungen, b. die
Netzzustandsermittlungen, die zu einer netzorientieren Steuerung geführt
haben sowie die Adressaten, Intensität und Dauer der Maßnahme; im Fall
der präventiven Steuerung nach Ziffer 11.5 sind die zugrunde gelegten
Berechnungen und durchgeführten Maßnahmen zu dokumentieren, c. alle
Maßnahmen, die zur Vermeidung der Reduzierung des netzwirksamen
Leistungsbezugs unternommen werden. Dies beinhaltet insbesondere
Maßnahmen zur Optimierung, Verstärkung oder Ausbau des betroffenen
Netzbereichs.
Betreiber einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung
- 7.2 Der Betreiber hat dafür Sorge zu tragen, dass die Umsetzung der vom Netzbetreiber vorgegebenen Reduzierung des netzwirksamen Leistungsbezugs durch Daten der steuerbaren Verbrauchseinrichtung oder eines Energie-Management-Systems im Einzelfall nachgewiesen werden
kann. - 7.3. Die unter Ziffer 7.1 genannten Informationen sind mindestens 3 Jahre nach der erfolgten Maßnahme vorzuhalten. Die unter Ziffer 7.2 genannten Informationen sind mindestens 2 Jahre nach der erfolgten Maßnahme vorzuhalten.
- 7.4. Die Dokumentationen nach Ziffer 7.1 und Ziffer 7.2 sind auf Verlangen der Bundesnetzagentur vorzulegen. Die Dokumentation nach Ziffer 7.2 ist auf Verlangen bei berechtigten Zweifeln dem jeweiligen Netzbetreiber vorzulegen
- Auszug aus „Erläuterungen zu den Inhalten des Konsultationsdokumentes“:
Unabhängig vom Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung über die netzorientierte Steuerung im Sinne dieser Festlegung besteht bereits nach §19 Absatz 2 NAV die Verpflichtung, dem Netzbetreiber die Inbetriebnahme einer neu errichteten steuerbaren Verbrauchseinrichtung im Voraus mitzuteilen. Diese bereits bestehende Mitteilungspflicht wird durch die vorliegende Festlegung um die vertragliche Verpflichtung ergänzt, dass auch jede geplante leistungswirksame Änderung und Außerbetriebnahme einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung dem Netzbetreiber durch den entsprechenden Letztverbraucher als Betreiber der steuerbaren Verbrauchseinrichtung anzuzeigen ist. Dies beruht darauf, dass durch eine leistungswirksame Änderung oder Außerbetriebnahme einer steuerbaren Verbrauchseinrichtung auch die Voraussetzungen zur Teilnahme an den verpflichtenden Vorgaben nach dieser Festlegung und damit auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Reduzierung der Netzentgelte entfallen oder entstehen können ...
Was bedeutet das konkret für Netzbetreiber?
Die neue Regelung bedeutet für die Netzbetreiber einen erheblichen Mehraufwand. Sie müssen nun eine direkte Kommunikation mit den Endkunden aufbauen, um die An-, Um- und Abmeldung der steuerbaren Verbrauchseinrichtung zu ermöglichen. Dies erfordert eine Anpassung der internen Prozesse und die Implementierung neuer IT-Systeme, insbesondere ein Kundenportal. Zudem müssen die Netzbetreiber sicherstellen, dass die erfassten Daten korrekt und vollständig sind, um eine effiziente Netzsteuerung zu gewährleisten. Darüber hinaus sollen auch zeitvariable Netzentgelte veröffentlicht werden können, um Sparanreize für die Verlagerung von Strombezug in kostengünstigeren Zeiten bzw. Zeiten mit weniger Netzbelastung zu schaffen.
Blick auf IT und Gesetzesänderungen
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Management Summary
Die Einführung der Dokumentationspflichten in Bezug auf §14a EnWG ab dem 01.01.2024 stellt eine bedeutende Veränderung für Netzbetreiber dar. Sie müssen nun direkten Kontakt zu den Endkunden aufnehmen, um die An- und Abmeldung der steuerbaren Verbrauchseinrichtung zu ermöglichen. Dies erfordert eine Anpassung der internen Prozesse und die Implementierung neuer IT-Systeme. Die Netzbetreiber stehen vor der Herausforderung, eine effiziente Kommunikation mit den Kunden zu gewährleisten und die erfassten Daten korrekt und vollständig zu verarbeiten. Die erfolgreiche Umsetzung dieser neuen Regelung ist entscheidend für eine reibungslose Netzsteuerung und den weiteren Fortschritt der Energiewende.
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