Stromkunden müssen in diesem Jahr einen spürbaren Kostenschub hinnehmen. Nachdem der Zuschuss zu den Übertragungsnetzentgelten in Höhe von 5,5 Milliarden € ausblieb, war im Dezember mit nachträglichen Anpassungen durch Verteilnetzbetreiber zu rechnen. Laut unserer Auswertung der endgültigen Preisblätter sind die durchschnittlichen Stromnetzgebühren noch stärker als zum Jahreswechsel 2022/2023 gestiegen: Für einen Beispiel-Haushaltskunden um fast ein Viertel – für einen Beispiel-Industriekunden um fast ein Drittel.
Anders verhält es sich für Gasverbraucher. Zwar sind vielerorts in Deutschland Erhöhungen und Senkungen zu verzeichnen und in den finalen Preisblättern bestätigt worden, dennoch sind die Gasnetzgebühren bezogen auf das bundesweite Mittel im Vergleich zu 2023 auf fast gleichem Niveau geblieben.
Weniger Kosten aus vorgelagerten Netzen zu wälzen
Nach Recherchen der GET AG haben nur sehr wenige Gasverteilnetzbetreiber zum Jahreswechsel noch einmal ihre Preisblätter angepasst. Gegenüber den vorläufig veröffentlichten Informationen fielen die Korrekturen* nach oben mit 10,02 Prozent (%) bei den Stadtwerken Crailsheim am stärksten aus. Die Senkung im Vergleich zum Vorjahr beläuft sich damit nur noch auf 0,57 %. Die ErmstalEnergie Dettingen an der Erms korrigierte ihre Gebühren für Haushaltskunden um 14,97 % nach unten, so dass diese im Vergleich zu 2023 um 10,61 % entlastet werden.
Ähnlich wie in den vergangenen Jahren zeigt sich ein regionales Auf und Ab: 180 Gasverteilnetzbetreiber entlasten ihre Haushaltskunden um mindestens 3 % - die Stadtwerke Elm-Lappwald um 25,22 %. Auf der anderen Seite erhöhen 254 Unternehmen die Kosten um mindestens 3 %. Spitzenreiter ist hier die Energieversorgung Trossingen mit +46,57 %.
Die Spreizung der Durchschnittskosten für einen Haushaltskunden bewegt sich 2024 im Bundesgebiet zwischen gerundet 0,98 ct/kWh (netto) bei den Stadtwerken Neuenhaus und vorläufig**** 4,67 ct/kWh (netto) im Netzgebiet der Erdgas Westenthanner.
Ein Auf und Ab mit durchschnittlich leichtem Trend nach unten ist auch bei der Entgeltentwicklung für andere Liefersituationen zu konstatieren. Ein Gewerbekunde mit SLP und einem Jahresverbrauch von 100.000 kWh in der Niederdruckstufe muss seit Jahresbeginn im bundesweiten Mittel** rund 1,60 ct/kWh (netto) entrichten, was einer Senkung um rund 1,06 % entspricht. Ein Industriekunde mit registrierender Leistungsmessung (RLM) und einem Jahresverbrauch von 5 Gigawattstunden in der Mitteldruckstufe zahlt an Netzgebühren*** rund 1,08 ct/kWh (netto). Die Senkung gegenüber 2023 fällt mit 1,76 % damit etwas höher aus als bei den beiden anderen Kundenbeispielen.
Netzbetreiber- und Konzessionswechsel im Gassegment
Für einige Gasverbraucher änderten sich zum Jahreswechsel die Entgelte für die Netznutzung infolge von Netzabgaben beziehungsweise -übernahmen, wie folgende Beispiele zeigen: Die Westnetz gab zum 1. Januar 2024 ihre Teilnetze in Espelkamp an die GELSENWASSER Energienetze, in Schloss Holte-Stukenbrock an die Westfalen Weser Netz und in Wallenhorst an die SWO Netz ab. Seit Jahresbeginn betreiben wiederum die Thüga Energienetz das Gasnetz der Stadtwerke Lindenberg und die Syna das ehemals von der Mainzer Netze gepachtete Netz in Raunheim. Und während die Netze BW ein Teilnetz an die Stadtwerke Böblingen abgegeben hat, übernahm sie in Erligheim das Netz von der Stadtwerke Bietigheim-Bissingen.
Im Vergleich zu den vorläufig im Oktober veröffentlichten Preisinformationen hob, um ein Beispiel zu nennen, die Elektrizitäts- und Wasserversorgungsgenossenschaft Vagen in der Spitze die Netzkosten*** für einen Haushaltskunden mit SLP und einem jährlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh noch einmal um 35,19 % an. Insgesamt beläuft sich die Teuerung gegenüber dem Vorjahr damit auf 40,23 %. Die Elektrizitäts-Genossenschaft Tacherting-Feichten senkte als eine der wenigen Ausnahmen ihre Kosten für den Haushaltskunden vor dem Jahreswechsel um 2,63 %, so dass sich der Kostenanstieg gegenüber 2023 nur noch auf 36,45 % beläuft.
Ein Haushaltskunde in oben genannter Liefersituation muss im bundesweiten Durchschnitt** ab 2024 rund 11,62 ct/kWh (netto) an Kosten*** für die Netznutzung inklusive Messstellenbetrieb zahlen. Das entspricht einer Erhöhung um rund 23,8 %. Damit fällt die Kostensteigerung für Haushaltskunden noch stärker aus als zum Jahreswechsel 2022/2023, wo sie rund 17 % betragen hatte.
Die Spreizung der Durchschnittskosten für einen Haushaltskunden bewegt sich 2024 im Bundesgebiet netto zwischen gerundet 6,28 ct/kWh bei den Stadtwerken Waldkirchen und 22,24 ct/kWh bei der Heinzelmann Stromhandel- und Vertrieb. Im Netzgebiet vom Energie- und Bäderbetrieb Hauenstein fiel die Entlastung zum Jahreswechsel mit 19,01 % anteilig am stärksten aus. Der Haushaltskunde muss dort nur noch 9,20 ct/kWh (netto) berappen. Hingegen stiegen die vorläufigen Kosten anteilig in der Spitze um 78,59 % bei den Ahrtal-Werken, wo seit Januar 2024 11,97 ct/kWh (netto) fällig wurden. Die MVV Netze erhöhten ihrerseits um 69,03 % auf 10,47 ct/kWh (netto).
Ein Gewerbekunde mit RLM und einem Jahresverbrauch von 50.000 kWh (50 kW) in Niederspannung muss seit 2024 im bundesweiten Mittel** 12,42 ct/kWh entrichten. Das entspricht einer Erhöhung um gerundet 24,02 %. Für einen Industriekunden mit RLM und einem Jahresverbrauch von 500 Megawattstunden (250 kW) in der Mittelspannungsebene fallen ab diesem Jahr im bundesweiten Durchschnitt** 8,68 ct/kWh an. Das entspricht einer Gebührenerhöhung im Vergleich zu 2023 um gerundet 31,69 %.
Detaillierte Analysen zur Entwicklung in den einzelnen Netzgebieten, Spannungsebenen, Druckstufen und Liefersituationen können Anwender im Cockpit der GET AG jederzeit vornehmen. Lieferanten behalten anhand verschiedener Auswertungsszenarien die von ihnen nicht beeinflussbaren externen Kosten im Blick. Bei angekündigter Änderung solch margenrelevanter Preisbestandteile kann man sich automatisch alarmieren lassen. Außerdem stehen die Netzentgelte, Messstellenbetriebskosten, Abgaben und Umlagen für das Pricing oder die Rechnungseingangsprüfung in unserer cloudbasierten Plattform rund um die Uhr zur Verfügung.
* Annahme: Haushaltskunde mit Standardlastprofil (SLP) und einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden in der Niederdruckstufe.
** Der Durchschnitt wurde über die Anzahl aller relevanten Postleitzahl-Netzbetreiber-Kombinationen der Erhebungsbasis gebildet, ohne deren Größe in der Fläche oder die Anzahl von relevanten Marktlokationen zu berücksichtigen. Gab es mehrere Netzbetreiber je PLZ, ging jeder Wert in die Durchschnittsermittlung ein.
*** In die Kostenbetrachtung flossen die Arbeits-, Leistungs- und Grundpreise sowie die von den Netzbetreibern ausgewiesenen Kosten für die Messdienstleistung für konventionelle Messeinrichtungen (kME) bei jährlicher Abrechnung ein.
**** Bei Redaktionsschluss hatte die Erdgas Westenthanner noch keine endgültigen Preise auf ihrer Internetseite veröffentlicht.