Indizien für höhere Kosten zum kommenden Jahr
Der Umstieg auf klimaneutrale Energien in der Wärmeversorgung macht langfristig einen Großteil des Gasverteilnetzes überflüssig. Gasnetzbetreiber dürfen Abschreibungen laut der Bundesnetzagentur für die sich abzeichnende verkürzte Nutzungsdauer ihrer Infrastrukturen nun vorziehen. Das hat möglicherweise schon Einfluss auf die Entwicklung der Netzentgelte ab 2025. Darüber hinaus haben die Fernleitungsnetzbetreiber bereits eine Erhöhung des Briefmarkenentgelts bekanntgegeben.
Herausforderung Gasnetztransformation
Bereits im April 2023 kam Agora Energiewende im Rahmen einer Studie zu der Einschätzung, dass mit dem Ziel der Klimaneutralität 2045 für über 90 Prozent der bestehenden Gasverteilnetze absehbar keine Verwendung mehr besteht. Der Think Tank machte daher darauf aufmerksam, dass ohne eine geordnete Stilllegung beziehungsweise eine bedarfsorientierte Umrüstung der Netze auf Wasserstoff bis 2044 langfristig gestrandete Vermögenswerte von bis zu zehn Milliarden Euro und eine Versechzehnfachung der Netzentgelte für Gasverbraucherinnen und -verbraucher drohten.
Bildquelle: Agora Energiewende
Neugestaltung des Ordnungsrahmens gefordert
Agora Energiewende schlug daher eine Neuausrichtung des Ordnungsrahmens für Gasverteilnetze vor, die auf drei Säulen basiere: Auf einer effizienten Infrastrukturplanung, einem tragfähigen Rahmen für Verteilnetzbetreiber sowie der sozialen Absicherung von Netzkunden und -kundinnen.
Anpassung der Abschreibungsmodalitäten zur Konsultation
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat mittlerweile am 17. Juli 2024 ihren Festlegungsentwurf zur Anpassung von kalkulatorischen Nutzungsdauern und Abschreibungsmodalitäten von Erdgasleitungsinfrastrukturen (KANU 2.0) veröffentlicht. Sie stellt diesen bis zum 7. August 2024 zur Konsultation. Die Festlegung soll regulatorisch die Gasnetztransformation flankieren und sieht für die Gasnetzbetreiber bundesweit eine Flexibilisierung der Abschreibungsmodalitäten mit kürzeren Nutzungsdauern und degressiven Abschreibungen mit einem Satz von bis zu 12 Prozent vor.
Netzbetreiber können Kosten damit zeitlich so auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte bis 2045 verteilen, dass sie noch möglichst viele Kundinnen und Kunden tragen können. So wird zum einen verhindert, dass Letztverbraucher, die langsamer als andere aus der Erdgasnutzung aussteigen können, am Ende des Transformationsprozesses zu hohe Belastungen tragen müssen. Zum anderen gewährleistet der Festlegungsentwurf, dass Netzbetreiber ihre notwendigen Investitionen in die Erdgasnetze weiterhin amortisieren können.
Das Festlegungsverfahren soll nach dem Willen der BNetzA so rechtzeitig abgeschlossen werden, dass die Regelungen bereits im Jahr 2025 angewandt werden können.
BNetzA erwartet moderaten Entgeltanstieg
In einer Mitteilung gegenüber der Presse wies die BNetzA darauf hin, dass schnellere Abschreibungen in der Anfangsphase der Gasnetztransformation grundsätzlich mit höheren Entgelten einhergingen. Diese würden jeweils stark von der regionalen Umsetzung der Wärmewende abhängen. Die BNetzA gehe nach eigenen Angaben jedoch von einem moderaten Entgeltanstieg aus.
VKU bringt staatliches Kompensationskonto ins Spiel
In einer Stellungnahme begrüßte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), die von der BNetzA angedachten neuen und flexiblen Abschreibungsmodalitäten. Da verkürzte Abschreibungszeiträume und etwaige Stilllegungen aber zu steigenden Gasnetzkosten und damit höheren Gaspreise führen können, müsse man nach den Worten von Liebing schon jetzt darüber sprechen, ob man als Absicherung ein staatliches Kompensationskonto brauche.
„Der Staat finanziert aus Steuermitteln den Hochlauf der neuen Welt, aber die Stilllegung der alten Welt kostet auch etwas. Der Staat könnte den Netzbetreibern einen Teil der Kosten, die Stilllegungen und verkürzte Abschreibungszeiträume verursachen und über die Netzentgelte auf die Kunden umgelegt werden müssten, via Kompensationskonto ausgleichen. Gaskundinnen und Gaskunden würden damit entlastet. Im Ergebnis geht es darum, unverträgliche Kostensteigerungen für die Kunden zu vermeiden“, so Liebing.
FNB: Briefmarkenentgelt steigt um rund 31,6 %
Und wie entwickeln sich die Kosten in den vorgelagerten Netzen? Bereits im Mai dieses Jahres haben die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) auf Basis der Festlegung REGENT 2021 der Bundesnetzagentur (BNetzA) das so genannte Briefmarkenentgelt ab 1. Januar 2025 für das bundesweite Marktgebiet Trading Hub Europe ermittelt: Das Jahresentgelt für eine feste frei zuordenbare Ein- und Ausspeisekapazität wird demnach ab dem 1. Januar 2025 6,71 Euro/(kWh/h)/a betragen. Das entspricht gegenüber dem Jahr 2024 einer Erhöhung um rund 31,57 Prozent.
Die aktuelle Entgeltsteigerung lässt sich nach Angaben der FNB auf verschiedene Ursachen zurückführen. So habe der Krieg in der Ukraine seit 2022 zu massiven Verwerfungen am europäischen Erdgasmarkt geführt. Die Effekte wirkten sich jetzt teilweise zeitversetzt aus.
Hohe, für die Versorgungssicherheit notwendige, Speicherfüllstände und ein deutlicher Rückgang der Endverbrauchs- und Transitvolumina hätten zu einer reduzierten Buchungsprognose geführt.
Durch die Regulierungskontosystematik wirkten außerdem die außergewöhnlichen Effekte aus dem Krisenjahr 2022 (beispielsweise Buchungsrückgänge und hohe Treibenergiekosten) nun erstmals zeitversetzt in 2025 kostenerhöhend.
Die Diversifizierung der Bezugsquellen mittels neuer LNG-Anlagen habe die Versorgungssicherheit gestützt und zur Dämpfung des Gas-Preises beigetragen. Die damit verbundenen Investitionen einzelner Fernleitungsnetzbetreiber in neue Einspeisepunkte und Anbindungsleitungen der LNG-Anlagen würden nun ebenfalls in die Entgeltkalkulation 2025 einfließen, heißt es von Seiten der Fernleitungsnetzbetreiber.
Das Briefmarkenentgelt gehört neben der Marktraumumstellungsumlage und der Biogasumlage zu den aus den vorgelagerten Netzen zu wälzenden Kosten. Sie finden Eingang in die Netzentgelt-Kalkulation der Verteilnetzbetreiber.
Fazit und Ausblick
Es bleibt abzuwarten, welchen Niederschlag die angesprochenen möglichen Kostentreiber in den Entgelten der Gasverteilnetzbetreiber für 2025 finden. Wie es von Seiten der BNetzA hieß, sollen die neuen Abschreibungsmodalitäten gemäß KANU 2.0 bereits in den Netzentgelten ab dem Jahr 2025 angesetzt werden können. Die Netzbetreiber seien jedoch nicht verpflichtet, zu einem bestimmten Zeitpunkt die Regelungen anzuwenden. So können sie auch zum Beispiel die Verabschiedung von kommunalen Wärmeplanungen vor einer Umstellung der Abschreibungsmodalitäten abwarten.
Veränderung der Kostenlage für 2025 im Blick behalten
Wie gewohnt erfasst die GET AG ab Oktober die vorläufigen Preisblätter der Strom- und Gasnetzbetreiber zum kommenden Jahr. Cockpit-User verpassen keine erfasste Entgeltanpassung: Bei Aktivierung einer Alarmierungsfunktion können sie sich gezielt über die veränderte Kostenlage in relevanten Netzgebieten informieren lassen.
Behalten auch Sie als Gaslieferant mit den Informationen zu vorläufigen und endgültigen Preisblättern die Deckungsbeiträge ihrer Tarife stets im Blick und erhalten Sie so eine transparente Entscheidungsgrundlage zur Neukalkulation oder Justierung vorhandener Angebote.
Neue Gasnetzentgelte 2025 sind bereits veröffentlicht: Sichern Sie sich die Daten zur Weiterverarbeitung und sprechen Sie uns an!
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