Ab 01.01.2025 sind Stromlieferanten verpflichtet einen dynamischen Stromtarif anzubieten. Da sich diese speziellen Tarife von den klassischen All-inclusive-Bruttopreistarifen (insbesondere Festpreisverträgen) unterscheiden, stellt sich unter anderem die Frage nach einer möglichst transparenten Darstellung und Vergleichbarkeit dieser unterschiedlichen Tarifarten* im Vertriebsprozess für den Endkunden. Im besonderen Hinblick auf Preisvergleiche wird in diesem Blogbeitrag zum einen die gegenwärtige Praxis von Vergleichsportalen besprochen. Zum anderen werden Ansätze der GET AG für eine bessere Vergleichbarkeit der zu erwarteten Jahreskosten aufgezeigt.
Bereits im Blogbeitrag zur „Akzeptanz von Dynamischen Tarifen“ haben wir auf das grundsätzliche Gebot der Unterrichtung der Verbraucher über Vor- und Nachteile dynamischer Tarife hingewiesen, welche Verbraucherschützer übrigens auch für Festpreisverträge einfordern. Nun soll das Augenmerk darauf gerichtet werden, warum Preisvergleiche in Tarifrechnern hinken können.
Klassische Tarife haben meist Vertragslaufzeiten zwischen einem Monat und zwei Jahren. Für diese bekommt der Kunde seinen üblicherweise für den eingegebenen Vorjahresverbrauch errechneten Arbeitspreis und Grundpreis angezeigt. Diese Preise ändern sich für gewöhnlich innerhalb der Mindestvertragslaufzeit beziehungsweise innerhalb der geltenden Preisgarantien des Tarifes nicht.
Konkret ändert sich zum Beispiel der Beschaffungspreis des Börsenproduktes "Day-Ahead-Auction" der EPEX SPOT bis zu stündlich. Dieses Börsenprodukt wird aktuell von den meisten Stromlieferanten für die Berechnung der dynamischen Stromtarife genutzt.
Die EPEX SPOT veröffentlicht für dieses Börsenprodukt täglich gegen 13 Uhr die stündlichen Beschaffungspreise für den Folgetag. Daraus resultiert mit Hinzunahme der Netzentgelte, Steuern, Abgaben, Umlagen etc. der sich dann ebenso bis zu stündlich ändernde Arbeitspreis für den Endkunden.
Da dieser Gesamtarbeitspreis eines Kunden im Jahr stark vom individuellen Verbrauchsverhalten im zeitlichen Verlauf abhängt, ist eine Vergleichbarkeit mit klassischen Tarifen in Portalen und Tarifrechnern erschwert.
Trotz der oben beschriebenen komplexeren Berechnung eines dynamischen Stromtarifs, greifen Onlineportale aktuell zu sehr einfachen Mitteln, um diese Tarife zu berechnen, darzustellen und letztendlich zu vertreiben.
Preisvergleichsportale bilden die dynamischen Stromtarife teilweise über das Wording eines „Flextarifs“ mit einer Vertragslaufzeit von meistens einem Monat ab. Für den ersten Monat werden ein klassischer Brutto-Arbeitspreis und -Grundpreis angezeigt und auf das Jahr hochgerechnet.
Über Infotexte wird darauf hingewiesen, dass nach der Erstlaufzeit der Tarif in einen z.B. stündlich variablen dynamischen Stromtarif wechselt, sofern ein Smart Meter vorhanden ist.
Ist nach der Erstlaufzeit weiterhin kein Smart Meter vorhanden, dann wird der Tarif meist als monatlich variabler Tarif mit dem Durchschnittsbörsenpreis des letzten Monats abgerechnet. Er entspricht damit weiterhin nicht der Definition eines dynamischen Stromtarifs.
Diese Art der Darstellung eignet sich kaum für den Vergleich mit klassischen All-inclusive-Bruttopreistarifen, welche meistens auf ein ganzes Jahr berechnet werden.
Hinzu kommt, dass bei einer monatlichen Berücksichtigung des Börsenpreises eines dynamischen Stromtarif saisonale Effekte in der Preisbildung eintreten, welche den Preis verzerren können. Um ein Beispiel zu nennen, gelten in den Sommermonaten niedrigere Börsenpreise als im Frühling oder Herbst.
Eine erste Verbesserung der Vergleichbarkeit der dynamischen Stromtarife mit klassischen Tarifen ist die Berechnung des Gesamtpreises des dynamischen Stromtarifs anhand des Börsendurchschnittspreises (Day-Ahead-Auction) der letzten 365 Tage gewichtet nach dem für Privatkunden genutzten BDEW-H0-Lastprofil.
Der zusammen mit den Netzentgelten, Steuern, Abgaben, Umlagen und Versorgeraufschlägen errechnete Jahresgesamtpreis des dynamischen Stromtarifs kann dann besser mit dem klassischen Tarif verglichen werden, da sich beide Preisangaben auf einen Referenzzeitraum von zwölf Monaten beziehen. Dennoch bedeutet auch dieser Vergleich nur eine Annäherung, da der Preis des dynamischen Tarifs auf den vergangenen Zeitraum referenziert.
Im Dynamic Data Service der GET AG ist diese Börsendurchschnittspreisermittlung bereits umgesetzt und als Parameter dokumentiert.
Dynamische Stromtarife lohnen sich finanziell meist für die Kunden, welche steuerbare Verbrauchseinrichtungen (SteuVE) wie Elektromobile, Speicher oder Wärmepumpen nutzen.
Unter Angabe einer Strommenge, die der Kunde bereit ist, zeitlich zu verschieben, ist eine Berechnung einer Ersparnis im Vergleich ohne Verschiebung möglich. Somit könnte der Betreiber einer SteuVE im Winter in den Nachtstunden und im Sommer in den Mittagsstunden von den niedrigen Börsenstrompreisen profitieren.
In einer zukünftigen „idealen“ Welt liegen nach dem Smart-Meter-Rollout auch die Lastgänge der letzten zwölf Monate auch von den Privatkunden vor und könnten dann nach vorheriger Einwilligung für eine Kalkulation eines dynamischen Stromtarifs in Onlineportalen genutzt werden.
Die Darstellung und der Vertrieb von dynamischen Stromtarifen und der Vergleich mit klassischen Tarifen auf Onlineportalen und Tarifrechnern stellt eine besondere Herausforderung dar und kann auch ohne Smart Meter in unterschiedlicher Art und Weise erfolgen. Mit fortschreitendem Rollout intelligenter Messsysteme steigen auch die Möglichkeiten und Ansprüche an die Veranschaulichung und den Vergleich. Wir thematisieren das beständig in unseren Teams und stimmen das mit unseren Partnern und Kunden ab.
Neugierig geworden? Wenn Sie erfahren möchten wie die GET AG Sie bei diesen Themen mit ihren Daten, Services und Softwareprodukten unterstützen kann, sprechen Sie uns gern an!
* Der Preisvergleich dynamischer Tarife untereinander soll an dieser Stelle nicht besprochen werden. Ebenso bleiben im Rahmen dieses Blogbeitrags Versuche auf Plattformen unbesprochen, die Angebote an dynamischen Stromtarifen untereinander lediglich nach Kriterien wie technischen Voraussetzungen, Tarifbestandteilen, Verfügbarkeit und Kündigungsfristen vergleichen, ohne die jährlichen Kosten zu ermitteln.